Nach dem grausamen Völkermord des IS an den Jesiden im Jahr 2014 wird die Geschichte von Azad zum Sinnbild für Widerstandsfähigkeit und Hoffnung. Der aus der beschaulichen Stadt Hardan im Sindschar stammende Azad war damals 9 Jahre alt, er hatte seine ganze Zukunft noch vor sich. In seiner achtköpfigen Familie genoss er sein einfaches Leben, ging gerne in die Schule und träumte davon, eines Tages Arzt oder Lehrer zu werden.
Die ruhige Welt von Azad wurde jedoch erschüttert, als sich der unerbittliche Zugriff vom IS um Sinjar verstärkte. Plötzlich wurde der unbekümmerte Alltag von Terror überschattet, als Azad und seine Familie mit den Schrecken von Entführung und Trennung konfrontiert wurden. Der IS zerstörte Azads Familie indem er ihm seinen Vater, seinen Bruder, seinen Cousin, seine Mutter und seine Schwester entriss, so dass Azad mit anderen Verwandten den Entführern alleine ausgeliefert waren. „Ich war zu klein und wusste nicht, was vor sich ging“, erinnert er sich an diese schreckliche Zeit.
In ein Leben mit den Regeln des so genannten „Scharia-Instituts“ gezwungen, fanden sich Azad und seine Altersgenossen in einem Albtraum wieder, ihrer Kindheit beraubt und in einen verdrehten Lehrplan aus Gewalt und Unterdrückung gedrängt. Die Träume von Klassenzimmern und Spielplätzen wichen der harten Realität von Kampftraining und Indoktrination. Der IS begegnete Ungehorsam der Jungen mit harten Strafen durch Schläge mit Kabeln oder Holzstöcken. Nach dieser Zeit mussten Azad und seine Freunde im Institut eine Belagerung und Bombardierung ertragen, die nicht besser war als zuvor.
„Wir wurden gezwungen, an Kämpfen teilzunehmen, an einem Krieg, der unserem Alter nicht angemessen war“, erzählt Azad traurig und erinnert sich an die fünf schrecklichen Jahre der Gefangenschaft, in denen er unter anderem nach Badush, Tal Afar und Mosul gebracht wurden.
Doch auch in dieser dunklen Zeit klammerten sich Azad und seine Freunde an die Hoffnung auf ein Leben in Freiheit, und der Lebensmut der Jungen war trotz dieser schrecklichen Erfahrungen ungebrochen. Er blieb unglaublich stark in seiner Entschlossenheit, der Tyrannei des IS zu trotzen.
„Sie brachten uns nach Baghouz und dann in das Lager Al Hol“, erinnert er sich, bevor er nach Khansour gebracht wurde, einem Binnenvertriebenenlager für vertriebene Jesiden. „Hier lernte ich die Jiyan Foundation kennen, durch die ich eine psychologische Betreuung erhalten konnte. Nach einiger Zeit stellte ich eine deutliche Verbesserung meines psychischen Zustands fest“ sagt er erleichtert.
Nach seiner Befreiung fand Azad Trost und Heilung durch die einfühlsamen Mitarbeitenden der Jiyan Foundation. Durch therapeutische Sitzungen und psychologische Unterstützung begann seine Heilung.
Heute blickt Azad auch mit Dankbarkeit auf seinen Weg. Sein Fortschritt vom Opfer zum Überlebenden zeugt von seiner beeindruckenden Stärke. Seine positive und inspirierende Entwicklung wird zur Hoffnung für andere, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. „Seit meiner ersten Therapiesitzung hat sich mein Zustand stark verbessert. Ich möchte alle, die Ähnliches durchgemacht haben, dazu ermutigen, eine*n Therapeut*in aufzusuchen und sich auf den Weg der Heilung zu machen, um das zu überwinden, was wir durchgemacht haben, und unseren Schmerz zu lindern“, sagt er.
Die Arbei der Jiyan Stiftung für Menschenrechte wurde hier ermöglicht durch die Unterstützung des Auswärtigen Amts.
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